06.01.2024: 1. Neujahrskonzert
500 begeisterte Zuhörer in der Stadthalle Wetzlar – ein voller Erfolg
„Ausverkauft“, stellte Hans-Jürgen Irmer, Präsident der Deutsch-Österreichischen Gesellschaft Wetzlar, zu Beginn des 1. Neujahrskonzertes in der voll besetzten Stadthalle erfreut fest. Der DÖG sei es – unterstützt von der Kulturgemeinschaft Wetzlar – ein Anliegen, in schwierigen und unruhigen Zeiten voller Unwägbarkeiten und Gefährdungspotentialen nicht nur den Musikinteressierten ein Kontrastprogramm zu bieten, sondern zugleich ein Zeichen für Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu setzen, Werten, für die es lohne, sich aktiv einzusetzen. „Im weltweiten Vergleich können wir uns glücklich schätzen, in diesem unser Land zu leben, in dem wir – bei allen Problemen – nach wie vor mit Mut, Zuversicht und auch guter Laune ins neue Jahr starten wollen.“ Und dazu lieferte, erhofft und erwartet und mit viel Beifall bedacht, das aus Profi-Musikanten unterschiedlicher, allesamt renommierter deutscher Orchester bestehende Johann-Strauss-Orchester Wiesbaden unter dem lebendigen, geradezu körperbetonten Dirigat von Peter Zelienka seinen fulminanten musikalischen Beitrag. Und mit der deutsch-amerikanischen Sopranistin Diana Naatz, ausgestattet mit einer glockenhellen Stimme, sicher bis in die höchsten Lagen, als einem besonderen klanglichen Sahnehäubchen. „Von Diana werden wir noch auf den Bühnen der Welt hören“, kommentierte Hans-Jürgen Irmer die gesanglichen Fähig- und Möglichkeiten der jungen Sängerin.
Den bunten Strauß Wiener Melodien präsentierte und verband Moderatorin Claudia Grundmann mit passenden Worten, hilfreichen Informationen und zum Schmunzeln anregenden Anekdoten sowohl vor wie nach der Pause. Der Einzugsmarsch aus der Johann-Strauß-Operette „Der Zigeunerbaron“ eröffnete ein strahlendes Konzert, gefolgt von Carl-Michael Zierers Walzer „Hereinspaziert“ – passend zur Begrüßung des neuen Jahres. Zierer (1849-1922) darf laut Moderatorin Grundmann zurecht als ein geachteter Nachfolger des großen Johann Strauss (1825-1899) bezeichnet werden, was er auch als Wiener Hofball-Musikdirektor nach der Familie Strauss war.
In Giacomo Puccinis Arie „O mio babbino caro“ aus der Oper „Gianni Schicci“ begegnet dem Zuhörer die operngeschichtlich früheste Selbstmorddrohung einer jungen Frau gegenüber ihrem Vater für den Fall, dass sie ihres Angebeteten verlustig gehen würde. Puccini findet seinen Platz im musikalischen Strauss-Blumenstrauß nicht zuletzt aufgrund seiner engen Freundschaft zu Franz Lehar. Der Polka schnell „Ohne Sorgen“ von Josef Strauss folgte der berühmte „Kaiserwalzer“ seines älteren Bruders Johann, der sich aufgrund seiner unerreichten Kompositionskünste den Titel „Walzerkönig“ redlich verdient hat. Als Johann Strauss (Sohn) den im Jahr 1889 in Berlin uraufgeführten Kaiserwalzer komponierte, war der Wiener kein Österreicher mehr (wenn das emotional überhaupt geht), sondern aufgrund seiner fünften Ehe mit einer Deutschen zumindest de jure preußisch-deutscher Staatsbürger. „Was tut man nicht alles für ein Weib“, kommentierte er diesen Umstand.
Ein besonderes Hörerlebnis war das „Vilja“-Lied, das wohl bekannteste musikalische Kleinod aus Franz Lehars erfolgreichster Operette „Die lustige Witwe“, gefühlvoll interpretiert von der Sopranistin Diana Naatz. Mit der Ouvertüre zur Johann-Strauss-Operette „Die Fledermaus“ entließ das Johann-Strauss-Orchester sein Publikum in die Pause.
Die Ouvertüre zur Operette „Die schöne Galathee“ von Franz von Suppè eröffnete den zweiten Konzertteil, gefolgt von dem von Diana Naatz gefühlvoll vorgetragenen Gesangs-Walzer „Il bacio“ (Kuss-Walzer) aus der Oper „Der Spion“ von Luigi Arditi. Beim „Seufzer-Galopp“ von Johann Strauss (Vater) war dann das Publikum zur seufzenden Mitwirkung aufgerufen – an der allerdings noch gefeilt werden muss. Wienerischer als mit dem Komponisten Johann Schrammel -„der mit der Schrammel-Musik“ – und seinem Walzer „Wien bleibt Wien“ geht es dann wohl nicht mehr.
Danach erklang der „Walzer aller Walzer“, Johann Straussens „An der schönen blauen Donau“, ohne den ein Konzert eines Johann-Strauss-Orchesters schlicht nicht vorstellbar ist. Dass das Publikum in der Stadthalle Wetzlar die ersten zarten Tönen des Walzers nicht umgehend mit aufkeimendem Beifall unterbrach, um dadurch einen „zweiten Anlauf“ zu provozieren – es grüßt das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker – wird sich wohl im nächsten Jahr ändern. Denn die heimischen Freunde Wiener und artverwandter Klänge sind bereits jetzt für den 4. Januar 2025 zum Besuch des 2. Neujahrskonzertes der Deutsch-Österreichischen Gesellschaft Wetzlar eingeladen.
Bei Emmerich Kálmáns Lied „Heia in den Bergen“ aus der Operette „Die Csárdásfürstin“ gehörte die Bühne erneut der famosen Diana Naatz. Mit der schnellen Polka „Freikugeln“, 1868 komponiert von Johann Strauss (Sohn) komponiert und im Wiener Prater uraufgeführt, endete das offizielle Programm des DÖG-Neujahrskonzertes, ergänzt selbstredend von der vom Publikum „herbeigeklatschten“ Zugabe, bestehend aus drei Teilen, inklusive des ebenso wie der Donauwalzer unvermeidlichen Radetzky-Marsches, mit dem dann Johann Strauss (Vater) als Schöpfer dieses zeitlosen klassischen Ohrwurms die Ehre gebührte.
Nicht unterschlagen werden soll das an keine Zeiten gebundene Neujahrsgebet des Pfarrers Hermann Josef Kappen auf das Jahr 1883, mit dem sich Moderatorin Claudia Grundmann vom Publikum verabschiedete: „Herr, setze dem Überfluss Grenzen / und lasse die Grenzen überflüssig werden. / Lasse die Leute kein falsches Geld machen / und auch Geld keine falschen Leute. / Nimm den Ehefrauen das letzte Wort / und erinnere die Ehemänner an ihr erstes. / Schenke unseren Freunden mehr Wahrheit / und der Wahrheit mehr Freunde. / Gib den Regierenden ein besseres Deutsch / und den Deutschen eine bessere Regierung. / Herr, sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen / Aber nicht sofort.“
Impressionen von der Veranstaltung: